Predigt für den Herz-Jesu-Freitag (in der Fastenzeit 1995)

Themen: Die wahre Herz-Jesu-Verehrung und ihre Gründe

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(Padre Alex)


Liebe Andächtige in Christus, dem erbarmungsreichsten Erlöser!

"Miserentissimus redemptor" - "Erbarmungsvollster Erlöser", so die ersten Worte des Apostolischen Rundschreibens Papst Pius XI. über die dem Heiligsten Herzen Jesu schuldige Sühne. Keine bessere Generalintention für die hl. Fastenzeit als in diesem Schreiben des vorletzten Piuspapstes. - Unter allen Erweisen der unendlichen Güte unseres Erlösers leuchtet in den letzten Jahrhunderten die Tatsache auf, daß sich beim Erkalten der Gottesliebe unter den Christgläubigen die Liebe Gottes selbst zum Gegenstand feierlicher Andacht dargeboten hat, nämlich im Heiligsten Herzen Jesu und seiner Verehrung. Jenes Herz, das uns beständig daran erinnert, daß "Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren." (Röm 5,8) Und auf dieses auch unserer Zeit geschenkte göttliche Zeichen sollen wir alle unsere Hoffnung setzen und von ihm das Heil der Seelen erbitten und erwarten. Heutzutage ist es durch Schliche des Unglaubens weit gekommen: Man schmälert Christus dem Herrn sein Königtum. Offen zettelt man Krieg an gegen seine Kirche. Man bringt Gesetze ein und drückt sie durch, die dem göttlichen und natürlichen Recht widerstreiten. Ja, man hält weltweit Tagungen ab unter dem stillen Motto: "Den wollen wir nicht zu unserem König haben" (Lk 19,14).

Es genügt also nicht nur, daß wir und größere Gemeinschaften uns immer wieder aufs neue dem Heiligsten Herzen Jesu freudig weihen, wie es die Kirche wenigstens alljährlich am Feste Christi des Königs vorsieht - wie wir es auch am 6. Jänner dieses Jahres bedacht haben - sondern wir müssen diese Weihe erfüllen durch den Dienst gerechter Genugtuung und Sühne, die dem Heiligsten Herzen Jesu zu leisten ist. Aus unserer echten Liebesantwort an das durchbohrte Erlöserherz folgt von selbst die lebendige Sühneleistung, zu der uns ein doppelter Grund verpflichtet. Zunächst ein Rechtsgrund: Die Gott durch unsere Missetaten zugefügten Frevel müssen gesühnt, die gestörte Ordnung muß durch Buße wiederhergestellt werden. Jedes Unrecht muß ausgeglichen werden. Und zweitens ein Liebesgrund: Wir wollen mit dem leidenden und schmachgesättigten Christus Mitleid hegen und ihn mit unseren schwachen Kräften ein wenig trösten. Zur anbetenden Huldigung muß also die echte Sühne hinzukommen, die unsere Sünden nach dem häufig empfangenen Beichtsakrament völlig austilgt, sonst könnte der in seiner Gerechtigkeit Allheilige - wie der Hl. Vater Pius XI. schreibt - unsere Gabe als etwas ihm Unerwünschtes abweisen, statt sie gnädig anzunehmen. Diese Sühnepflicht aber obliegt der ganzen Menschheit seit dem beklagenswerten Sündenfall Adams. Die Menschheit hätte ja in ewiges Elend hinein verstoßen werden müssen. Stolze Geister unserer Tage wollen das zwar nicht anerkennen. Sie nehmen einen alten Irrtum (Pelagius!) wieder auf und behaupten, daß sich die Menschen aus eigener Kraft - wie angeboren - immer höher hinauf entwickeln. Wer kann das heute bei voller Vernunft noch annehmen?

In Wirklichkeit haben die Menschen sogar schon vor Christus jene allgemeine Sühnepflicht in etwa anerkannt und Gott durch öffentliche Opfer versöhnen wollen. Aber keine geschaffene Kraft reichte bekanntlich aus, die Sünden der Menschheit zu sühnen, hätte nicht Gottes Sohn zur Sühne die menschliche Natur angenommen, hätte nicht Christus, der Gottmensch, durch sein eigenes Blut eine ewige Erlösung gewirkt, hätte er nicht bewußt den gegen uns gerichteten Schuldschein ausgelöscht, indem er ihn ans Kreuz heftete (vgl. Kol 2,14). Gewiß, die überreiche Erlösung Christi hat uns alle Missetaten gnädig vergeben (vgl. Kol 2,13). Paulus schreibt an die Römer: "Mehr noch: wir rühmen uns Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben." (Röm 5,11) Indes hat die göttliche Weisheit es aber gefügt, daß wir zugunsten seines Leibes, der Kirche, an unserem Fleische ersetzen sollen, was an den Leiden Christi noch fehlt (vgl. Kol 1,24). Konkretes und solidarisches Fasten, wie es z. B. die Fastenaktion unserer Diözese "gegen Not und Unfreiheit" vorsieht, vermehrtes und innerlicheres Beten. Stets müssen wir dabei jedoch dessen eingedenk sein, daß alle Sühnekraft einzig vom blutigen Opfer Christi abhängt, das ohne Unterlaß auf unseren Altären und in dieser Stunde in unblutiger Weise erneuert wird. Denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, ein und derselbe, der jetzt durch den Dienst des Priesters opfert, der sich damals selbst am Kreuze opferte; nur die Art des Opfers ist verschieden (vgl. Konzil von Trient, 22. Sitz., c. 2). Deshalb soll sich mit diesem hocherhabenen eucharistischen Opfer das Opfern aller Christgläubigen lebendig verbinden, das heißt im Innersten ihres Herzens, denn wir alle müssen uns selbst bei der Feier des Heiligsten Opfers als ein lebendiges, heiliges und Gott gefälliges Opfer (vgl. Röm 12,1) Gott darbringen. Darum mahnt der hl. Apostel Paulus eindringlich, daß wir unser Fleisch kreuzigen mitsamt den Leidenschaften und Lüsten (vgl. Gal 5,24) und so der Verderbnis entrinnen. Und je vollkommener unsere Gabe und unser Opfer dem Opfer des Herrn entspricht, d. h., je vollkommener wir unsere Eigenliebe und unsere Begierden opfern und unser Fleisch nach dem hl. Paulus in jener mystischen Art kreuzigen, umso reichere Früchte der Versöhnung und der Sühne werden wir für uns und andere Seelen ernten.

Liebe Andächtige! Was war denn die tiefste Absicht des erbarmungsvollen Heilandes, als er uns sein Herz mit sichtbaren Leidensmalen und Liebesflammen erschloß? Wir sollten erstens die unschätzbare Bosheit der Sünde ahnen und zweitens die unendliche Liebe des Sühneheilandes anstaunen. Die Sünde also sollten wir zunächst tiefer hassen - so schreibt Pius XI. zeitlos - die Sünde sollten wir tiefer hassen, und die Liebe heißer wiederlieben. Herz-Jesu-Verehrung ohne den Geist der Sühneleistung wäre nur verweichlichtes Getue ohne Gnadenfrüchte. In der echten und lebendigen Herz-Jesu-Verehrung hat immer der Geist der Sühneleistung die erste und schönste Stelle eingenommen. Erinnern wir uns an die Worte des Heilands an die hl. Margareta Maria Alacoque: "Siehe da dieses Herz, das die Menschen so sehr liebte und mit lauter Wohltaten überhäufte. Als Lohn für seine ungemessene Liebe widerfuhr ihm Lauheit und Schimpf, und zwar mitunter von Seelen, die eigentlich zum schuldigen Dienst besonderer Liebe gehalten wären." Darum also monatliche Beichte und Kommunion in der vollen Sühneabsicht. Nicht nur unsere Sünde hat ja der leidende Heiland vorausgesehen - auch ihretwegen wurde Christi Seele in der Passion todtraurig - sondern auch unsere Sühne. Und wer dürfte zweifeln, daß er sich auch aus ihr etwas Trost holte, schon damals, als ein Engel erschien (Lk 22,43), um sein vor Ekel und Angst gedrücktes Herz zu trösten. Tatsächlich können und sollen wir so sein Heiligstes Herz auch heute wahrhaftig trösten. Zu oft schon wird in dieser undankbaren Welt der Psalm 68 wahr: "Ich hoffe auf Mitleid: vergebens; auf einen Tröster, und ich finde keinen."

Christus hat also alles gelitten, was er hatte leiden müssen. Am Haupte sind die Leiden also erfüllt, es fehlten aber noch Christi Leiden an seinem mystischen Leib, der Kirche. Das wollte gelegentlich auch Christus der Herr klarmachen, so wenn wir in die Apostelgeschichte (9. Kap.) schauen: "Noch immer brannte Saulus vor Wut und Mordgier gegen die Jünger des Herrn." Jesus aber sprach zu ihm: "Ich bin Jesus, den du verfolgst." In den Verfolgungen gegen die Kirche wird also das göttliche Haupt selbst gequält. Blicken wir kurz in das neue Europa: Scharen von Knaben und Mädchen werden der Kirche aus dem Mutterschoß durch brutalen Mord weggeraubt und falls geboren, dazu gebracht, Christus abzuschwören, und verführt zu schlimmen Unzuchtssünden. Kein Strahl vom wahren Glauben leuchtet hinein. Keine Hoffnung auf kommende Seligkeit bringt etwas Freude. Kein Funke von Liebe gibt Trost und Wärme. Das neue Europa sitzt in Wahrheit in Finsternis und Todesschatten. Mit Sorge beobachten wir den geistig-materiellen Kampf um die Gentechnik. Selbst bei manchen Gläubigen ist die Gewohnheit eingerissen, sich um kirchliche Zucht, alte Ordnungen und vor allem um die Heiligkeit der Ehe nicht zu kümmern; Kindererziehung wird vernachlässigt oder vor lauter weichlichem Getue um ihre Kraft betrogen, wie schon Pius XI. formuliert hat. Selbst in der Kleidung fehlt immer mehr das christliche Schamgefühl. Der Herr sagte einmal (Mt 24,12): "Weil die Bosheit übergroß geworden ist, wird in vielen die Liebe erkalten."

Wer immer das alles gläubig und fromm überdenkt, der kann nicht anders als in brennender Liebe zu Christus, dem Schmerzensmann, mit größerem Eifer seine und die fremde Schuld sühnen, Christi Ehre wiederherstellen, das ewige Heil der Seelen fördern. Nehmen wir uns also wieder den Inhalt des Sühnegebetes zum Heiligsten Herzen Jesu als Vorsatz für die hl. Fastenzeit, den Inhalt jenes Gebetes, das seit Pius XI. in allen Kirchen des Erdkreises jährlich am Herz-Jesu-Fest zu verrichten ist: "O liebster Jesus, dessen überschwengliche Liebe zu uns Menschen mit so viel Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit, Verachtung und Undank vergolten wird, ... wir sind bereit, nicht nur unsere eigenen Sünden durch freiwillige Buße zu sühnen, sondern auch die Sünden jener, die weit vom Wege des Heiles abirren; die in Unglauben verstockt, Dir als Hirt und Führer nicht folgen wollen ... und das süße Joch Deines Gesetzes zu tragen sich weigern (...) insbesondere aber wollen wir gutmachen: alle Unehrbarkeit und Unsittlichkeit im Leben und Treiben, wodurch so viele unschuldige Seelen ins Verderben gezogen werden; die Entheiligung der Sonn- und Feiertage ... die Beschimpfungen Deines Stellvertreters und des Priesterstandes; ferner die Entweihung des Sakramentes Deiner göttlichen Liebe durch Nachlässigkeit oder schändliche Sakrilegien; endlich die öffentlichen Vergehen der Völker, die sich den Rechten und Lehren der von Dir gestifteten Kirche widersetzen. - O könnten wir doch diese Sünden mit unserem Blute tilgen! Um indes für die Verletzung Deiner göttlichen Ehre einigermaßen Ersatz zu leisten, opfern wir Dir jene Genugtuung auf, die Du selber einst am Kreuze dem Vater dargebracht hast und noch täglich auf den Altären zu erneuern fortfährst, in Vereinigung mit der Genugtuung Deiner Jungfräulichen Mutter, aller lieben Heiligen und frommen Christgläubigen. Ernstlich geloben wir, die Sünden, die wir und andere begangen haben, sowie die Vernachlässigung Deiner großen Liebe durch Festigkeit im Glauben, Reinheit im Lebenswandel und vollkommene Beobachtung des Gesetzes des Evangeliums, besonders des Gebotes der Liebe, wieder gut zu machen, so viel wir mit dem Beistand Deiner Gnade vermögen." AMEN.


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